Am 13.4. 2023 hat die Mieter:innengruppe Bülow-Ost einen offenen Brief an Vorstand, Aufsichtsrat und Teamleiterin Bestandsmanagement (Kreuzberg/Schöneberg) der Gewobag geschickt, da wichtige Anliegen der Mieter:innen nicht zufriedenstellend beantwortet wurden. Am 28. März hatte die Gewobag zu einer Mieter:innenversammlung eingeladen, an der auch über 80 Mieter:innen teilnahmen. Trotz Bemühungen der Gewobag-Sachbearbeiter:innen blieben viele Fragen offen wie die dramatische Erhöhung der Grundpreise der Wärmelieferung, die Verbrauchserfassung und Heizkostenverteilung und die mangelnde Energieeffizienz der Gebäude. Schließlich wurde auch die mangelhafte Kommunikation durch das Service-Center selbst als strukturelles Problem und damit eine der Ursachen der großen Unzufriedenheit unter den Mieter:innen erfasst. Hier der offene Brief im Wortlaut:
Briefkopf: Mieter:inneninitiative Bülowstraße Ost
Kontakt: mi-buelow-ost@proton.me
Offener Brief an Vorstand, Aufsichtsrat und Teamleiterin Bestandsmanagement
(Kreuzberg/Schöneberg) der GewobagInakzeptabler Umgang der Gewobag mit wichtigen Anliegen ihrer Mieterinnen und Mieter
Sehr geehrte Damen und Herren,
seit vielen Monaten, teilweise seit über einem Jahr, warten Mieterinnen und Mieter aus dem Schöneberger Norden bereits auf eine angemessene Reaktion der Gewobag auf vielfach angesprochene, drängende Probleme:
- nicht nachvollziehbare Heizkostenerhöhungen ab 2020
- Beheizung außerhalb der Heizperiode und Überheizung
- unzureichende Energieeffizienz der Gebäude
- erhebliche Defizite im Beschwerdemanagement und bei der Mängelbeseitigung
- ausbleibende bzw. mangelhafte Kommunikation und Information
Anders als von der Gewobag dargestellt, geht es hier nicht um Einzelfälle, sondern um strukturelle Probleme, die offenbar nicht angegangen werden.Ende 2022 erklärte die Gewobag sich auf Drängen der Mieterinnen und Mieter zur Veranstaltung einer Versammlung zu diesen Themen bereit.
Da jedoch keine Umsetzung folgte, organisierte die Ende 2022 aus der Problemlage heraus entstandene Mieter:inneninitiative Bülowstraße Ost im Februar 2023 selbst eine Versammlung. An dieser nahmen über 100 Mieterinnen und Mieter aus dem Schöneberger Norden teil. Daneben waren Mitglieder des Bundestages, des Abgeordnetenhauses und der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg anwesend.
Auf dieser Versammlung wurden Forderungen an die Gewobag formuliert, die wir als Initiative im Nachgang ausgearbeitet und der Gewobag übersandt haben (s. Anlage), mit Bitte um Antwort an den zuständigen Mieterbeirat.
Nachdem die Gewobag zwischenzeitlich aus für uns nicht nachvollziehbaren Gründen den Mieterbeirat Bülowstraße Ost, die gewählte Interessenvertretung der Mieterinnen und Mieter aus diesem Gebiet, für aufgelöst erklärt hatte, setzte sie für den 28. März 2023 selbst („mit Unterstützung der Mieterbeiräte Bülow Ost und West“) eine „MieterInnenversammlung“ an, und zwar zu den Themen „funkbasierte Heizungsablesung“ und „Betriebskostenabrechnung 2020“.
Dies wurde von unserer Seite zunächst positiv aufgenommen, und die große Resonanz belegt, wie wichtig es ist, dass solche Gelegenheiten zur Information und zum Austausch angeboten werden.
Leider wurden die Erwartungen der teilnehmenden Mieterinnen und Mieter enttäuscht:
Ausführlich erläutert wurden lediglich der Aufbau einer Betriebskostenabrechnung, die Funktionsweise der funkbasierten Heizkostenverteiler und die Zusammensetzung des Wärmepreises im Allgemeinen. Hier waren die referierenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Gewobag WB und Gewobag ED um eine verständliche Darstellung bemüht.
Die wichtigsten Fragen der Mieterinnen und Mieter blieben jedoch ungeklärt:
Vervielfachung des Grundpreises der Wärmelieferung
- Für mehrere Heizungsanlagen wurde der Grundpreis der Wärmelieferung mit der Abrechnung 2020 massiv erhöht, teilweise auf mehr als das Zwanzigfache. Die betroffenen Mieterinnen und Mieter wurden vorab weder über die anstehende Grundpreiserhöhung noch über die zugrundeliegenden Vertragsänderungen informiert. Fragen hierzu wurden nicht beantwortet.
- Auf der Versammlung wurde die Erhöhung des Grundpreises durch Vertreter der Gewobag ED lediglich pauschal mit der Umstellung der Contracting-Art und Investitionskosten für Modernisierungen begründet.
- Es ist die Frage, ob eine solche unangekündigte Erhöhung zulässig ist, zumal die Gewobag im Jahr 2014 in einem Informationsschreiben zur Aufnahme der Geschäftstätigkeit durch die Gewobag ED Energie- und Dienstleistungsgesellschaft mbH zum 01.01.2015 eine Steigerung der Energieeffizienz bei gleichzeitiger Stabilhaltung der warmen Betriebskosten in Aussicht gestellt hatte.
- Wir fordern vollständige Aufklärung und eine unabhängige Überprüfung des Wärmepreises.
Verbrauchserfassung und Heizkostenverteilung
- Auf Basis eigener Ablesungen und der Kontrolle der Abrechnungen äußerten die Mieterinnen und Mieter Zweifel an der Verlässlichkeit der Verbrauchserfassung und der Heizkostenverteilung mittels der 2020 eingeführten funkbasierten Heizkostenverteiler.
- Diese Zweifel wurden auf der Versammlung nicht ausgeräumt, sondern vielmehr verstärkt, da die hierzu referierenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Gewobag WB und Gewobag ED verschiedene Schwierigkeiten bei der Erfassung und Verteilung einräumten.
- Auch hier fordern wir vollständige Aufklärung.
Fraglich ist außerdem, ob mit den vorherrschenden Einrohrsystemen überhaupt eine energieeffiziente Beheizung und eine bedarfsgerechte, von den Mieterinnen und Mietern selbst ausreichend beeinflussbare Verteilung von Heizwärme und Heizkosten möglich ist.Zum Abschluss der Versammlung betonte die verantwortliche Teamleiterin wiederholt, dass es sich bei den vorgebrachten Anliegen um Einzelfälle handle, die nicht im Rahmen einer Versammlung zu klären seien.
Dies führte zu offener Entrüstung unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Auch der
wiederholte Hinweis darauf, dass die Probleme dem „Service-Center“ vorzulegen seien, wurde als Hohn empfunden – nicht zuletzt, weil die mangelhafte Kommunikation durch das Service-Center selbst ein strukturelles Problem und damit eine der Ursachen der großen Unzufriedenheit unter den Mieterinnen und Mietern ist (s. Umfrage in der Anlage).Trotz ihrer nicht nachvollziehbaren Reaktion wurde die Teamleiterin aus den Reihen der Mieterinnen und Mieter darum gebeten, zum Abschluss einen Vorschlag dazu zu unterbreiten, wie die offen gebliebenen Anliegen zeitnah angegangen werden können.
Aufgegriffen wurde diese Bitte durch den anwesenden Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Sebastian Bartels: Er bot an, die beim BMV in Bearbeitung befindlichen einschlägigen Fälle zusammenzutragen, zu anonymisieren, konkrete Fragen daraus zu destillieren, und diese Fragen auf einer moderierten Folgeveranstaltung gemeinsam mit der Gewobag zu klären.
Nachdem alle bisherigen Bemühungen um einen offenen, fruchtbaren Dialog gescheitert sind, fordern wir die Gewobag dringend dazu auf, dieses professionelle Angebot zur Lösungsfindung anzunehmen und auf diesem Wege endlich die von uns formulierten Anliegen und Forderungen zu adressieren.
Mit freundlichen Grüßen,
Die Mieter:inneninitiative Bülowstraße Ost
Der Offene Brief als PDF-Dokument
Im Nachgang der Mieter:innenversammlung wurde bekannt, dass es in naher Zukunft keine Neuwahlen für den von der Gewobag abgesetzten Mieterbeirat Bülow-Ost geben wird. Mieter:innen wurde damit ein Gremium genommen, das ihre Interessen vertritt und ihnen bei allen landeseigenen Wohnungsunternehmen rechtlich zusteht.